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Was sind Tiergestützte Interventionen? 

Eine Tiergestützte Intervention ist der Oberbegriff für alle zielgerichteten und strukturierten Interventionen, die bewusst Tiere in Gesundheitsfürsorge, Pädagogik und Soziale Arbeit einbeziehen und integrieren, um psychische, kognitive oder soziale Verbesserungen bei Menschen zu erreichen.

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Tiergestützte Interventionen beziehen Teams von Mensch und Tier in formale Ansätze wie Tiergestützte Therapie, Tiergestützte Pädagogik und Tiergestütztes Coaching/Tiergestützte Beratung sowie - unter bestimmten Voraussetzungen - auch Tiergestützte Aktivitäten ein.

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​Basis einer tiergestützten Intervention ist die Beziehungs- und Prozessgestaltung im Beziehungsdreieck Klient:in, Tier und Bezugsperson. Dabei können Methoden angewandt werden, bei denen Klient:innen mit Tieren interagieren, über Tiere kommunizieren oder auch für Tiere tätig sind.

Wie und warum können
Tiergestützte Interventionen den psychosozialen Beratungsprozess unterstützen?

Während einer psychosozialen Beratung richtet sich der Fokus beim Kontakt mit den Klient:innen auf das, was sich im Moment – beispielsweise durch Sprache, Stimme, Gestik, Mimik, Körperhaltung, Bewegungsmuster, etc. – zeigt, mit dem Ziel, Einsicht in Persönlichkeits- und Verhaltensmuster zu erlangen, um diese – wenn gewünscht – verändern zu können. 

Berater:innen versuchen dabei ihre Klient:innen auf möglichst vielen Ebenen zu erreichen. Neben der verbalen Ebene werden auch Übungen zur Verbesserung der Körperwahrnehmungen und des Körperausdrucks eingesetzt, genau bei dieser Thematik kann der Beratungsprozess beispielsweise durch begleitende tierische Unterstützung maßgeblich positiv gefördert werden, wie nachfolgend näher erläutert wird.

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Im Gegensatz zur zwischenmenschlichen digitalen Kommunikation, wo Informationen Großteils über Worte bzw. Sprache vermittelt werden, kommunizieren Menschen und Tiere miteinander in analoger Form. Dies läuft über zahlreiche nonverbale Signale – wie Haltung, Gestik, Mimik, Berührung, Stimmmodulation, Geruch aber auch Atmung, Blickkontakt, Bewegung im Raum, Distanz und Nähe – ab. Aus all diesen Faktoren gemeinsam entsteht schlussendlich der Gesamteindruck einer Person. Für Tiere ist diese analoge Kommunikation die einzige Möglichkeit, wie sie sich mit ihresgleichen, aber auch mit Menschen austauschen können. Durch ihre intuitive und feine Wahrnehmung sind sie wahre Profis darin und spiegeln uns Menschen wider, wenn beispielsweise unsere Art zu kommunizieren nicht authentisch (echt) ist. Damit bietet sich eine große Chance uns im Kontakt mit den Tieren zu „erproben“ und dabei an der eigenen Authentizität zu „arbeiten“. Jede Wandlung wird im Gegenzug dafür postwendend von unseren tierischen Interaktionspartnern rückgemeldet.
 

​Nachdem Tiere – im Gegensatz zu Menschen – keinerlei Vorurteile haben und bewertungsfrei sind, fühlen sich Menschen, sofern die Tiere freundlich und ungefährlich erscheinen, meist sehr wohl in ihrer Gegenwart und eine Kontaktaufnahme mit ihnen gelingt daher deutlich leichter, als dies auf zwischenmenschlicher Ebene der Fall ist. Außerdem können Tiere uns – viel eher als Menschen – ein Gefühl von bedingungsloser Akzeptanz vermitteln, wodurch ihr Feedback auch viel leichter angenommen werden kann.

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​Ein guter Umgang mit Tieren, auf Basis der analogen Kommunikation, bedarf Empathie, Vertrauen und Selbstkongruenz (Authentizität). All diese Fähigkeiten können mittels Tiergestützter psychosozialer Beratung trainiert und gestärkt werden, wodurch die Lebensqualität nachhaltig verbessert werden kann.

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​Außerdem wirken Tiere als „soziale Katalysatoren“. Beispielsweise wird – allein nur durch die Anwesenheit eines „süßen“ Hundes – die zwischenmenschliche Interaktion, verbal sowie nonverbal, verbessert und die gegenseitige soziale Aufmerksamkeit gesteigert. Außergewöhnlich ist auch, dass ein freundliches Tier das Vertrauen gegenüber der begleitenden Person zu erhöhen scheint, was insbesondere für den Beziehungsaufbau zwischen Berater:innen und Klient:innen positiv genutzt werden kann.

Generell kann durch positive Mensch-Tier-Interaktionen Stressempfinden gemindert werden, die Motivation erhöht, die Stimmung verbessert und depressive Symptome sowie Ängste abgebaut werden. All dies sind wertvolle Faktoren, die fördernd auf ein Beratungssetting wirken können.

 

Mit dem Konzept der Spiegelneurone findet sich ein Erklärungsmodell für die Übertragung von beispielsweise Stimmungen zwischen Mensch und Tier. Im positiven Sinne kann dies genutzt werden, indem ein lebenslustiges und ausgelassenes Tier, das voll im Hier und Jetzt lebt, „ansteckend“ auf sein menschliches Gegenüber wirken kann, genauso gut kann ein entspanntes, in sich ruhendes Tier auch diese „Ausstrahlung“ auf anwesende Personen übertragen.
 

​Die Aktivierung des Bindungs- und Wohlfühlhormons Oxytocin spielt eine zentrale Rolle bei der Erklärung der positiven Effekte der Mensch-Tier-Interaktionen. Es wurde belegt, dass Interaktionen mit Tieren, insbesondere mit Hunden, den Oxytocin-Spiegel erhöhen kann, was wiederum zur Reduktion des Stresshormonspiegels führen und soziale Bindung fördern kann. Ganz im Gegensatz zu zwischenmenschlichen Interaktionen, wo Körperkontakt nur in sehr innigen Bindungsbeziehungen üblich ist, wird bei Mensch-Tier-Beziehungen das Tier bereits sehr häufig – bei einer ersten Kontaktaufnahme – berührt bzw. gestreichelt. Auch wenn dies durchaus kritisch betrachtet werden muss, da es Tiere genauso als unangenehm empfinden können, wenn ihre Individualdistanz von unbekannten Personen unterschritten wird und ihre Abwehrsignale einfach missachtet werden – hier bedarf es eines empathischen Schutzes durch die Bezugsperson – ist diese Option des Körperkontakts meist beispiellos in einem Beratungssetting, da dies auf zwischenmenschlicher Ebene nicht der gängigen Norm entspricht!

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Hinzu kommt, dass frühkindlich geprägte Bindungsmuster kaum spontan auf Tiere übertragen werden, was im Gegensatz dazu bei menschlichen Beziehungen durchaus der Fall ist. Vielmehr begegnen Menschen Tieren meist mit einer Offenheit, die Vertrauen und Berührung inkludiert, ein Zeichen von sicherer Bindung in zwischenmenschlichen Beziehungen. Das bietet Raum für die Erprobung und Entwicklung von sicheren Bindungsstrategien mit Tieren, vor allem mit professioneller beraterischer Begleitung (natürlich nur unter der Voraussetzung, dass kein Krankheitsbild vorliegt!).

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Einzigartig an dieser Methode ist auch, dass der/die Berater:in das Verhalten bzw. die Beziehungsangebote der Klient:innen in Interaktion mit dem Tier nun aus der Beobachtungsperspektive wahrnehmen kann und damit selbst nicht mehr als Projektionsfläche dient. Dadurch ist es ihm/ihr nun möglich, diese Beziehungsszene von „Außen“ wahrzunehmen, zu gestalten und zu moderieren, was einen großartigen Spielraum für Entwicklung und Veränderung bietet.
 

​Noch dazu kann die feine Wahrnehmungsfähigkeit des Tieres und dessen spontanes Verhalten, dass sich in einer wertfreien und ehrlichen „Reaktion“ – unabhängig von menschlicher Wahrnehmung und menschlichem Wertesystem – widerspiegelt, als wertvolles Messinstrument dienen.

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Wenn Sie Interesse an ausführlicheren Informationen zu dieser Thematik haben, finden Sie hier einige Auswahlthemen zum Download: 
 

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