Mag. Doris Muszi
Tiergestützte und Naturgestützte
psychosoziale Beratung
Welche positiven Effekte hat Naturerleben auf uns Menschen?
Bäume, Wiesen, aber auch Vorgärten fördern die Gesundheit sogar, wenn sie kaum bewusst wahrgenommen werden. Allein der Anblick von Natur oder ein Spaziergang im Wald genügen, um im Unterbewusstsein verschiedenste emotionale Reaktionen auszulösen.
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Dabei nehmen unser Aufmerksamkeitsvermögen sowie unsere emotionale Ausgeglichenheit zu, im Gegensatz dazu nimmt Aggression ab und negative Gefühle werden durch positive ersetzt. Auf körperlicher Ebene kommt es beispielsweise zur Reduzierung der Cortisol-Werte und des Pulsschlags. Auch deswegen spielt Naturerleben eine wesentliche Rolle bei der Vermeidung und Behandlung von Stress, Depressionen und Krankheiten.
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​Bemerkenswert ist, dass sogar eine einzige Zimmerpflanze einen stabilisierenden Effekt auf Körper und Seele haben kann und selbst das Betrachten von Pflanzen-Bildern Entspannung fördern sowie Reparatur-, Regenerations- und Heilprozesse aktivieren kann. Ebenso wirkt Blätterrauschen, der Geruch von Pflanzen, Vogelgezwitscher und Wasserplätschern heilsam.
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​Eine Erklärung für die regenerative Wirkung von Natur in diesem Zusammenhang findet sich unter anderem durch die Stimulierung des parasympathischen (unwillkürlichen) Nervensystems, welches eine Rolle bei der körperlichen Regeneration spielt.
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Immunsystem und Natur
Das menschliche Immunsystem ist ein komplexes System, in dem unterschiedlichste Komponenten zusammenwirken. Dessen Effizienz wird nicht nur durch körperliche, seelische und soziale Faktoren beeinflusst, sondern laut neusten Forschungsergebnissen haben auch Pflanzen eine enorme Auswirkung auf unser Immunsystem.
Besonders in der Waldluft finden sich – anhand der Terpene – wahre Immunsystem-Booster, deren Wirkungen auch wissenschaftlich nachweisbar sind.
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Während eines Waldaufenthalts nimmt die Konzentration des Stresshormons Cortisol im Blut ab und das Immunsystem wird gestärkt. Mitbeteiligt an diesen Effekten sind gasförmige Ausdünstungen der Rinde und Nadeln, sog. Baum-Terpene. Diese dienen Bäumen als Kommunikationsmittel, um etwa andere Bäume vor Fressfeinden zu warnen, aber auch, um nützliche Insekten auf Schädlingsbefall aufmerksam zu machen. Beim Menschen – und höchstwahrscheinlich auch bei seinem tierischen Begleiter – kommt es zu überraschenden Reaktionen: Neutrophile – die Erste-Hilfe-Zellen des Menschen – sind in erhöhter Zahl im Blut vorhanden. Außerdem werden mehr und aktivere natürliche Killerzellen sowie mehr Anti-Krebs-Proteine im Blut gemessen.
Nach einer japanischen Studie steigt die Anzahl der Killerzellen im Blut – im Vergleich zum Studienbeginn – bereits nach einem Tag im Wald um 40 %, am zweiten Tag auf 50 % und nach sieben Tagen nach dem Aufenthalt im Wald ist die Anzahl der Killerzellen deutlich erhöht.
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Bewegung und Natur
Naturerleben motiviert außerdem zur Bewegung, was die gesundheitsfördernde Wirkung – auf körperlicher wie psychischer Ebene – noch zusätzlich verstärkt.
In der heutigen Zeit bewegen sich die Menschen immer weniger, eine überwiegend sitzende Lebensweise entspricht immer mehr der Norm.
Bewegungsmangel gilt als Hauptursache für viele Krankheiten und einer verringerten Lebenserwartung. Auch das Risiko für das Auftreten einiger psychischer Störungen wird durch körperliche Untätigkeit erhöht.
Beispielsweise stehen Depressionen im direkten Zusammenhang mit Bewegungsmangel. Ängste und Stress können bei regelmäßigem Gehen abgebaut werden. Die allgemeine Stimmungslage wird verbessert, die Schlafqualität erhöht sich und Bewegung wirkt sich auch positiv auf Selbstvertrauen und Selbstwert aus.
Wie und warum kann
Naturerleben den psychosozialen Beratungsprozess unterstützen?
All diese zuvor beschriebenen wertvollen und gesundheitsfördernden Effekte können im beraterischen Setting genutzt werden, beispielsweise beim Walking-and-Talking (Beratung während des Gehens im Freien), insbesondere auch im Wald (Stichwort „Waldbaden“) oder beim gemeinsamen Gärtnern. Dabei soll das Wohlbefinden gefördert und zusätzlicher Raum für Entschleunigung, Entspannung und Reflexion geboten werden.
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Gärtnern – als naturgestützte Intervention
Neben dem körperlichen Wohlbefinden kann beim Gärtnern auch das psychische Wohlbefinden gesteigert werden.
Gärtnern wird meist als sinngebend erlebt und durch die vielzähligen Sinneseindrücke fühlt man sich herrlich lebendig. Dabei muss Aufmerksamkeitsvermögen, Beobachtungsgabe, Geduld, Durchhaltevermögen und richtiges Timing geschult werden. Stellt sich damit auch der gewünschte Erfolg ein, kann das äußerst positiv auf den Selbstwert wirken.
Wer weiß, möglicherweise wird durch die liebevolle Pflege von Pflanzen sogar das Bindungs- und Wohlfühlhormon Oxytocin aktiviert, wie dies zumindest bei Fürsorgeverhalten Menschen und Tieren gegenüber der Fall ist. Jedenfalls bedarf es einiger der oben genannten Fähigkeiten auch bei zwischenmenschlichen Interaktionen und gärtnern bietet somit ein gutes Übungsfeld dafür.
Elemente des Waldbadens – als naturgestützte Intervention
Auch wenn wir bei einer Beratungseinheit nur eine begrenzte Zeit im Wald sein werden, kann dieser Aufenthalt durchaus einen nachhaltigen Einfluss auf das Wohlbefinden haben – wie anhand des Konzepts des Waldbadens beschrieben wird.
Das Waldbaden, dass ursprünglich 1982 in Japan von der japanischen Forstbehörde eingeführt wurde und auch „Shinrin-yoku“ genannt wird, ist eine anerkannte und beliebte Methode zur Erholung und zum Stressabbau.
Beim Konzept des Waldbadens handelt es sich um Waldspaziergänge, bei denen die Atmosphäre des Waldes mit allen Sinnen wahrgenommen wird. Primäres Ziel ist es, sich beim Waldaufenthalt zu erholen, große Wegstrecken brauchen dabei nicht bewältigt werden. Neben der Bewegung sind Stille, Achtsamkeit und bewusstes Wahrnehmen wesentliche Bausteine dieses Konzepts.
Während des Shinrin-yoku sinken der Blutdruck, der Puls und der Blutzuckerspiegel ab. Allgemein werden dabei im menschlichen Organismus parasympathische Vorgänge aktiviert, was zur Entspannung und auch zur Regeneration beiträgt. Der Parasympathikus – ein Teil unseres vegetativen (unwillkürlichen) Nervensystems – ist auch für die Regulierung und Harmonisierung vieler Bereiche unseres Körpers, wie beispielsweise der Verdauung, der Atemfrequenz, des Herzschlags, aber auch des Allgemeinbefindens, zuständig.
Für diesen Entspannungseffekt in natürlicher, ansprechender Umgebung liefert die Neurobiologie eine logische Begründung: Das menschliche Gehirn trägt nach wie vor entwicklungsgeschichtlich alte (urtümliche) Areale in sich, die teilweise sogar als „Reptiliengehirn“ bezeichnet werden. Diese Anteile entsprechen unserem Stammhirn, welches u.a. für die Regulation von Herz- und Atemfrequenz zuständig ist sowie den Blutdruck und Wach-, Schlaf- und Traumverhalten kontrolliert. Somit erklärt sich auch, warum die Natur so einen wunderbaren Einfluss auf unseren menschlichen Organismus hat.
Über die immunsystem-stärkende Wirkung bei einem Aufenthalt im Wald habe ich bereits im Vorfeld berichtet.
Wenn Sie Interesse an ausführlicheren Informationen zu dieser Thematik haben, finden Sie hier ein Dokument zum Download:
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